Ghostwriting vs. Lektorat
Dürfen Sie sich mir anvertrauen, damit ich Ihre Texte korrigiere, lektoriere oder ein paar Tipps gebe? Diese Frage ist durchaus nachvollziehbar, denn das Ghostwriting für Prominente war schon immer eine Pressemitteilung wert. Durch die Affären in den letzten Jahren (z. B. zu Guttenberg, Schavan, Giffey) ist die Eigenständigkeit einer wissenschaftlichen Leistung in den Fokus geraten. Viele Personen dürfen aufgrund von Untersuchungen ihren Titel nicht mehr führen oder geben ihn nicht mehr an, um öffentliche Diskussionen zu vermeiden. Universitäten setzen seit vielen Jahren Software ein, um Plagiate zu entdecken. Das schützt ihren guten Ruf – auch ich setze dieselbe Software ein.
Bei wissenschaftlichen Arbeiten oder Texten, die von Unternehmen geschrieben oder in Auftrag gegeben wurden, ist ein Korrektorat oder ein Lektorat zulässig. Dabei muss man in den Text so eingreifen, dass der Sinn erhalten bleibt. Deshalb stellen beide Arten, das Korrektorat und das Lektorat, erlaubte Hilfsmittel dar. Sie dienen der Verbesserung Ihrer Texte. Durch einige Tipps zum Vermeiden von Fehlern, Umbruchkorrekturen, eine Prüfung der Rechtschreibung und Grammatik oder eine Optimierung Ihrer Sprache wird Ihre Leistung keineswegs geschmälert. Letzten Endes behalten Sie stets die Entscheidungsfreiheit und bestimmen darüber, ob Sie die Verbesserungen annehmen.
Das Überschreiten von Grenzen
Ein „Ghostwriter“ (m/w/d) hingegen überschreitet bei seiner Arbeit (Ghostwriting) diese Grenze. Er geht einen Schritt weiter und fügt Fußnoten und Literatur hinzu, schreibt zusätzliche Kapitel und/oder erstellt einen ganz neuen Text. Ghostwriting ist in vielen Bereichen anzutreffen (Verlage, Redenschreiber). Die Grundlage für das Ghostwriting bildet hier eine vertragliche Vereinbarung zwischen Auftragnehmer (Ghostwriter) und Auftraggeber. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um einen Werkvertrag. In diesem vereinbaren beide Seiten, welche Leistung der Ghostwriter abliefert und wie hoch das Honorar ausfällt. Durch diesen Vertrag überträgt der Ghostwriter die Nutzungsrechte an dem Werk (z. B. an einem Roman) auf seinen Auftraggeber. Das Urheberrecht verbleibt jedoch stets beim Autor (Ghostwriter). Nach deutschem Recht kann man das Urheberrecht nämlich nicht an eine andere Person abtreten.
Sobald aber ein Student diesen erstellten Text an einer Universität einreicht, spricht man von einem Betrugsversuch. Dann nämlich reicht der Auftraggeber (Studierender) den Text eines Ghostwriters als seinen eigenen bei der Universität ein. Das OLG Düsseldorf (Az. I-20 U 116/10) entschied mit seinem Urteil vom 08.02.2011, dass das auftragsweisliche Erstellen von Hochschulabschlussarbeiten und Dissertationen illegal sei. Auch wenn es sich dem Tenor zufolge keineswegs um eine verbotene Handlung handelt, sei das Ghostwriting eine rechtlich zu missbilligende Tätigkeit, die aber als solche keine Straftat darstellt.